Josef Winkler – Der Kreis schließt sich

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Gruppenbild

Badens Kulturamtsleiter Gerd Ramacher und Künstler Josef Winkler. ©2022psb/sap

Ausstellung Haus der Kunst von 28. April – 8 Mai

Obgleich Josef Winkler bereits im Jahr 1946 an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Josef Dobrowsky und Herbert Boeckl zu studieren begann, ist er als Künstler doch ein Spätberufener. Sein Frühwerk bis etwa 1950, beeinflusst von Motiven Hieronymus Boschs und im Stil der Wiener Schule des Phantastischen Realismus ausgeführt, ist für Winkler längst Geschichte. Sein „spätes Frühwerk“, wie es der Künstler selbst mit einem Augenzwinkern beschreibt, startet 1990. Nach einem erfolgreichen Berufsleben als Kunsthändler verspürte Winkler damals wieder „große Lust mit breitem in den Pinsel einzutauchen“.
Nie wollte Josef Winkler schöne Bilder produzieren, sondern Werke schaffen, die von Wahrhaftigkeit durchdrungen sind. In der Ausstellung im Haus der Kunst sind hauptsächlich Werke seines Schaffens ab dem Jahr 2020 zu sehen, ergänzt werden sie durch einige wenige früheren Arbeiten, die bis ins Jahr 1947 zurückreichen. In der durch Isolation und Sorge bestimmten Zeit der Corona-Pandemie entwickelte Winkler erstmals dreidimensionale skulpturale Objekte, die im Wesentlichen aus Fundstücken komponiert sind. Auf ausrangierten Jugendstilfliesen montierte halbleere Farbtuben, eingedrückte Plastikflaschen, ausrangierte Spachteln, zerbrochene Pinsel und gefundene rostige Metallteile spiegeln alle Skalen von Düsternis, Morbidität, Leid und fehlende Aussichten auf rettende Ufer durch.
Mit dem brutalen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 meldeten sich unvermittelt Kindheits- und Jugenderinnerungen des mittlerweile fast 97-jährigen Künstlers zurück, die von der Bedrohung des eigenen Lebens geprägt sind. In der Rückschau ließen das Töten und die Bombardierungen ukrainischer Städte die Februarkämpfe 1934 und den Zweiten Weltkrieg gedanklich wieder erwachen. In einer Art Arbeitsrausch entsteht eine umfangreiche Serie von plastischen, in den Raum drängende Wandobjekte und Skulpturen, die dezidierte Assoziation zu Feuer, verbrannter Erde, Blut und Zerstörung liefern.
Der leidende, durch den Krieg traumatisierte Mensch, wie er in Winklers Papierarbeiten der späten 1940er-Jahre figurativ dargestellt ist, zeigt sich in seinen aktuellen Arbeiten in informeller Manier als leere Hülle und deformierte Kreatur. Die Arbeiten zeichnen emotional und in einem großen Bogen krisenhafte Zeiten eines Künstlers nach, der nicht müde wird, über eine ungegenständlich Formsprache die Realität in ihrer ganzen Unerbittlichkeit zum Vorschein zu bringen.

02.05.2022